In den fünfziger Jahren war Dr. Pressel mehrmals in Holland bei Dr. Bernard Lievegoed (1905 - 1992) zur Vertiefung der Anthroposophie. Die dort entwickelte Erkenntnis über die sieben Planetenqualitäten wurde bald zum geistigen Kern seiner Massage. An Patientenabenden vermittelte er gerne seinen Patienten etwas von ihrem Wesen, wobei er zwei gegensätzliche Planeten pro Abend zu besprechen pflegte. Gemeint ist hier die anthroposophische Anschauung über die Planetenkräfte, die wesenhaftes in Natur und Mensch als einer kosmischen Siebenheit entsprungen findet, und deren verschiedene Stimmungen man in die Massage einfließen lassen kann (also keinesfalls Astronomie oder Astrologie). Dr. Pressels Streben war ein zu übendes bewusstes Handhaben der verschiedenen Griffqualitäten zu pflegen. Er sprach von den Planeten als Lehrern.

Foto: Privat, 1989
Photo: Privat, 1989

1958 kam durch die Zusammenarbeit mit Elisabeth van Schouwen (1929 – 2021, später Lies Pressel) ein neues Element dazu: ihr Vorschlag, die Massage mit Griffen aus Dr. med. Margarethe Hauschkas Massage zu erweitern, zu ergänzen und zu harmonisieren, wurde von Dr. Pressel gerne aufgegriffen. Ausgebildet in dieser Massage hatte Lies Pressel therapeutische Erfahrungen gesammelt und sah, dass Dr. Pressel fast nur mit der Griffqualität arbeitete, die unter Masseuren als Friktion bezeichnet wird, das heisst mit den Fingerspitzen. Die Wirkung ist tief und aufweckend, geprägt von den „obersonnigen“ Planetenqualitäten. Die „ untersonnigen“ Planeten wirken eher in den einhüllenden und belebenden Griffen der Rhythmischen Massage, und diese Qualitäten kamen also von jetzt ab auch zum Tragen in Dr. Pressels Praxis, wodurch die Behandlungen wesentlich länger wurden.

In Bayreuth wurden häufig bis zu dreißig Patienten pro Tag behandelt, sodass eine Massage sehr gezielt durchgeführt wurde. Es ging dabei auch immer um ein schnelles Erfassen des aktuellen Gesundheitszustandes: Dr. Pressel hatte eine eminente Begabung, tastend im Gewebe das Wesen und damit das Wesentliche wahr zunehmen für die Diagnose und daraus die weitere Behandlung zu wählen. Dies war eine überaus wache und bewusste Tätigkeit, weit entfernt von „atavistischem Hellsehen“.